Einsatz eines neutralen Moderators

Gründe für den Einsatz eines neutralen Moderators

Überblick von Dr. Christian Marettek

Neutrale Moderatoren einzusetzen, empfiehlt sich immer dann, wenn der oder die zuständigen Führungspersönlichkeiten für Objektivität im Zusammenhang mit organisatorischen Problemen sorgen wollen. Es ist immer etwas Anderes wenn ein neutraler Dritter versucht, nach objektiven Kriterien zu helfen – als wenn eine Führungskraft selbst, versucht ein Führungsproblem zu lösen, an dem sie selber möglicherweise bestimmte Interessen hat. Die Befriedung des Betriebes – damit alle Beteiligten mit höchster Motivation weiter zusammenarbeiten – gelingt meist nur mit einem neutralen Moderator (der durchaus aus einem Team bestehen kann). Der Moderator übernimmt insoweit eine neue Coaching-Funktion im Verhältnis zur Personengruppe, die die Moderation in Auftrag gibt und deren gemeinsame Ziele möglichst optimal erreicht werden sollten (unter Gesichtswahrung möglichst aller Beteiligter).

Der Einsatz neutraler Moderatoren erfolgt daher keinesfalls nur im Sinne der Konfliktmoderation, sondern auch im Interesse einer objektiv-neutralen Aufgabenerledigung. Diese beinhaltet meist auch eine vorbeugende, konfliktvermeidende Zielsetzung.

Praktische Führungsprobleme und ihre Bewältigung in der Beratungspraxis

Erfahrungsgemäß sind die Führungsprobleme extrem unterschiedlich, so dass das Coaching im Grunde in jedem Projekt differenziert zugeschnitten werden sollte.

Was sind überhaupt Führungsprobleme? Als „Führungsproblem“ wirken sich regelmäßig hoch komplexe Gemengelagen unterschiedlicher Problemkreise aus. Im Sinne einer kleinen Systematisierung kann man zunächst unterscheiden:

  1. Interessengegensätze und ihre Konsequenzen, vor allem bei einer großen Anzahl Beteiligter. Hierbei existiert also nicht unbedingt ein Konflikt, trotzdem sind neutrale Moderatoren in zahlreichen Anwendungsfällen zweckmäßig (im Sinne der treuhänderischen Geschäftsbesorgung).
  2. Strukturelle und organisatorische Veränderungen, deren Konsequenzen zahlreiche individuelle Interessen berühren. Gerade auch größere Konzerne oder Verwaltungen haben häufig Schwierigkeiten, eine Akzeptanz für strukturelle und organisatorische Veränderungen zu erzielen. Gerade wenn Reorganisationen als spürbare und schmerzhafte Einschnitte erlebt werden, die auch als Paradigmenwechsel einer Organisation bezeichnet werden können – und entsprechend viele Widerstände verursachen können. In diesen anspruchsvollen Praxisproblemen hat sich schon oft die Strategie bewährt, wenn ein glaubwürdiges Beraterteam in erkennbarer Weise das „Wohl des Ganzen“ – erkennbar unabhängig und um der Sache bemüht.
  3. Strategiedefizite (fachlich/inhaltlich nicht zu Ende gedacht und/oder nicht realistisch im Vergleich zur Marktsituation)
  4. Folgen unzureichender Kommunikation bzw. andere Defizite der bislang ausgeübten/unterlassenen Führung (insbesondere Führungsvakuum)
  5. Umsetzungsmängel (unzureichende Prozessvorgaben und/ oder IT-Unterstützung und/ oder Produktqualität).
  6. Auswirkungen ungelöster Konflikte zwischen Einzelnen und zwischen Gruppen; wir sprechen insoweit von Konfliktmoderation anstelle von Mediation, weil letztere enge Formvorschriften beinhält (Mediation ist ein streng geregeltes Verfahren zur Konfliktbewältigung, das auf Unabhängigkeit und Gleichrangigkeit abstellt, diese Voraussetzungen lassen sich aber in betrieblichen Organisationen nur selten sinnvoll einhalten und müssen durch Professionalität und Weisheit des Beraters ausgeglichen werden; Mediation lässt sich in der Praxis zwischen den verschiedenen Moderations-/Coachingformen (große Freiräume) einerseits und den noch strenger geregelten Gerichtsverfahren andererseits ansiedeln).

In partizipativen Reorganisationsprojekten geht es darum, möglichst viele KollegInnen „mitzunehmen“ und entsprechende Überzeugungsarbeit als neutraler Sparringspartner (= Interessenverwalter des Ganzen) zu leisten. Die besten Projekte in größeren Betrieben gelangen im letzten Jahrzehnt interessanterweise meist in unmittelbarer Zusammenarbeit mit Führungskräften des Betriebs-/Personalrats, der diese neutrale Position ja „qua Amt“ vertritt.

Zur Vertiefung vgl. ausführlich das FIDES-Buchprojekt Wirksam führen und dabei ´sauber`bleiben , das mit dem Buch „Wege zu gelingender Führung“ abgeschlossen wurde.

Im Folgenden noch Hinweise zu 6.Konfliktmoderation.

Konfliktparteien zusammen bringen

Nach Ingrid Holler beginnt das Konfliktlösungsverfahren bei der Einladung. Das Nichtwissen einer der Parteien, um die Moderation stellt einen Sonderfall dar, der entsprechende Handhabung benötigt.

Wenn eine Konfliktpartei noch nichts von einer Moderation wusste, liegt die Aufgabe der Zusammenführung nicht beim Moderator. Dieser soll die anwesende Partei aber Motivieren, diese Einladung auszusprechen.
Holler gibt den Mediatoren für dieses Vorgespräch eine 3-Schritte-Vorgehensweise an die Hand:

  1. Empathische Klärung der Situation der anwesenden Partei (Einfühlsamkeit)
  2. Aufrichtiges Erläutern der Befindlichkeit des Mediators zu diesem Thema
  3. Passende Handlungsvorschläge des Mediators, um Konfliktbeteiligten zum Handeln zu motivieren.
    (Vgl. Holler 2015, Raus aus der Zwickmühle, Wer spricht die Konfliktpartei an, die noch nichts von der Mediation weiß?, in: Knapp 2016, Konfliktlösungs-Tools,, 4. Aufl., S. 42-45)


Moderation schwieriger Gespräche (Konfliktmoderation i.e.S.)

Wenn Konfliktparteien nicht mehr sachlich-konstruktiv miteinander reden können, ist bereits eine bestimmte Eskalationsstufe nach Friedrich Glasl erreicht (Vgl. Friedrich Glasl, Konfliktmanagement, 10. Aufl. 2011; Peter Knapp Konfliktlösungs-Tools, 4. Aufl. 2016, S. 12; Steinmann/ Schreyögg/Koch, Management, 7. Aufl. 2013, S. 583):

Peter Knapp 2016, Moderation von schwierigen Gesprächen, in: Deutsche Universitätszeitung 2016, S.81-82, identifiziert folgende Aufgaben des Moderators:

  1. Offenheit: Um den Spannungen, die zwischen den Konfliktparteien entstanden sind, auf den Grund zu gehen, sollte der Moderator für alle Beteiligten offen sein.
  2. Spiegeln: Hauptaufgabe des Moderators ist es, das Gesagte der Parteien in seinen Worten sachlich und sinngemäß wiederzugeben.
  3. Unterbrechen: Um die Effizienz und Struktur des Gesprächs aufrechtzuerhalten, muss der Moderator gegebenenfalls die Teilnehmer unterbrechen.
  4. Identifizieren: Emotionen, die die Beteiligten nicht explizit aussprechen, muss der Moderator benennen; beispielsweise: „Sie ärgern sich“ oder „Ihnen wäre wichtig, dass…“.
  5. Bestimmen: Hinter Vorwürfen stecken Bedürfnisse, die der Moderator erkennen und verbalisieren muss. Hier kann es helfen, das Gesagte positiv umzuformulieren.

Verständnis erzielen nach Peter Knapp

Nach Knapp kann man durch den Einsatz eines neutralen (internen oder externen) Moderators im Idealfall in drei Stufen zum gegenseitigen Verständnis kommen:

  • Den Sachverhalt verstehen
  • Die Emotionen identifizieren
  • Die dahinterliegenden Bedürfnisse deutlich machen.

(Vgl. Knapp 2016, Moderation von schwierigen Gesprächen, in: Deutsche Universitätszeitung 2016, S.83)


Mit Fragen das Denken verändern nach Christa Schäfer

Nach Dr. Christa Schäfer, Mediatorin (Mediationszentrum Berlin) gibt es verschiedene Fragetypen, die in der Konfliktbearbeitung eingebracht werden können (vgl. Schäfer 2016, Mit Fragen das Denken verändern, in: Knapp 2016, Konfliktlösungs-Tools, 4. Aufl., S. 162-169):
1. Lineare Fragen (W-Fragen – fördern das linear kausale Denken):
Offene Fragen lassen in die Tiefe gehen, weiter ausholen.
Geschlossene Fragen lassen sich nur mit „Ja“ oder „Nein“ beantworten.
W-Fragen helfen beim Erschließen der Situation. Das „Warum“ ist mit Vorsicht zu gebrauchen.

2. Systemische Fragen (erweitern das Handlungs- und Denkspektrum des Befragten):
Lösungsorientierte Fragen gehen von Zeiten aus, in denen der Umgang mit dem Konflikt besser bzw. schlechter zu machen ist.
Problemorientierte Fragen führen auf konträrem Weg zum selben Ziel wie lösungsorientierte Fragen.
Fragen nach dem Verhalten und Erleben

3. Zirkuläre Fragen geben wichtige gedankliche Anregungen und Hinweise – leiten oft Wendepunkte ein. Das Erfragen von Beziehungen durch das Annehmen einer Außenperspektive:
Fragen nach Außenperspektiven werden an beide Konfliktpartner gestellt und Gemeinsamkeiten können das Gespräch voranbringen.
Fragen nach der Perspektive einer nicht im Konflikt beteiligten Person werden in Gruppen gestellt, um den Blickpunkt von außen zu bekommen.
Triadische Fragen dienen zur Erhebung von Möglichkeitskonstruktionen (Mutmaßungen).
Klassifikationsfragen zeigen Unterschiede in Sichtweisen und Beziehungen auf und bringen diese in Reihenfolge.
Übereinstimmungsfragen geben Hinweise, wer mit wem einer Meinung ist.

4. Skalenfragen dienen vor allem zur Erhebung von Stimmungen, Perspektiven und Positionen.
Das Tool ist insbesondere im Rahmen der Bestandsaufnahme oder der vertiefenden Bearbeitung von Themen- bzw. Konfliktfeldern sowie über den gesamten Moderationsverlauf hinweg zur Abfrage der Verfahrensmotivation und als Feedbackinstrument einsetzbar.
Beispiel: „Auf einer Skala von 0 bis 10, wobei 0 ‚überhaupt nicht‘ und 10 ‚vollkommen‘ bedeutet, wie weit vertrauen Sie gegenwärtig auf die  Konfliktlösungsbereitschaft der anderen beteiligten?“
(Vgl. Gläser 2016 Skalenfragen, in: Knapp 2016, Konfliktlösungs-Tools, 4. Aufl., S. 170-177; Ulla Gläser ist Professorin am Institut für Konfliktmanagement der Europa-Universität Viadrina Frankfurt-Oder).

Im Anschluss an die reine, zunächst unkommentierte Antworterhebung kann und sollte mit dem so entstandenen Stimmungs- oder Meinungsbild vertiefend weitergearbeitet werden.