Gerechte Beurteilungs- und Controlling-Systeme

Für Gerechtigkeit sorgen, insbesondere in „meinen“ Teams

Von Dr. Christian Marettek

Zu einer überdurchschnittlichen Führungskultur gehören im hauptberuflichen Bereich auch ein als gerecht empfundenes Beurteilungs- und Beförderungsmanagement sowie adäquate Controlling-Systeme für die verschiedenen Organisationsbereiche.

Hier werden die Bereiche des Personalmanagements einerseits und der Budgetierung/des Controllings andererseits bewusst zusammen betrachtet, weil dies aus Sicht der Geführten so erlebt wird.

Wirksame Führungskräfte gewinnen m. E. das Vertrauen und die Achtung ihrer MitarbeiterInnen ganz besonders dadurch, wenn sie über längere Zeit erkennbar für Gerechtigkeit sorgen – also z. B. für einen fairen Interessenausgleich unter den Mitarbeitern.

Selbst die deutschsprachige Managementforschung hat dem Problem Gerechtigkeit bereits einen Jahresband gewidmet: Schreyögg/Conrad (Hrsg.) 2004, Gerechtigkeit und Management, Managementforschung 14. Hieraus wird ein Artikel als so wichtig angesehen, dass wir die Hauptaussagen bringen:

Nach Raeder/Grote 2004, Fairness als Voraussetzung für die Tragfähigkeit psychologischer Verträge (die Verfasser sind Arbeitspsychologen an der ETH Zürich), in: Schreyögg/ Conrad (Hrsg.) 2004, Gerechtigkeit und Management, Managementforschung 14, Wiesbaden 2004, S. 139–174, (S. 145f) können folgende drei Formen der Gerechtigkeit in Organisationen unterschieden werden: (vgl. Marettek 2013, Wirksames Management für öffentliche Einrichtungen, S. 93)

  • distributive Gerechtigkeit (ob die Eingruppierungen/ Gehälter den erbrachten Leistungen entsprechen)
  • prozedurale Gerechtigkeit (wenn Entscheidungsprozesse konsistent sind, die MitarbeiterInnen ein Mitspracherecht haben und Entscheidungen unparteilich getroffen werden)
  • interaktionale Gerechtigkeit (wenn Personen im Entscheidungsprozess aufrichtig, respektvoll und korrekt behandelt werden und die Entscheidung sauber begründet wird).

Die Erfahrung zeigt, dass gerade in größeren und bürokratischen Einrichtungen häufig diverse Gerechtigkeitsdefizite festgestellt werden können. Nach unserer Überzeugung wirkt die Bevorzugung von Kollegen so gut wie immer zersetzend hinsichtlich Leistungsbereitschaft, Vertrauen und Mitarbeiterzufriedenheit (z. B. über die allseits bekannten „Seilschaften“).

Zur Führungskultur geht es hier. Zum Grundsatz der Teambildung.

Für das Oberziel Gerechtigkeit existieren in größeren Unternehmen ganze Abteilungen bzw. Bereiche:

  • ein organisiertes Beurteilungsmanagement (Personalabteilung),
  • ein Controlling-Konzept, also ein Berichtswesen, dass die Ergebnisbeiträge der verschiedenen Bereiche gerecht darstellen sollte (m.E. ohne zuviel Bürokratie zu verursachen!)
  • ein Compliance-Konzept (Einhaltung der externen Vorschriften) sowie
  • ein Konzept zum Corporate Social Responsibility (CSR).

Allerdings besteht nach unseren Erfahrungen immer wieder die Gefahr, dass die genannten betrieblichen Systeme formal eingehalten werden – und trotzdem der Eindruck aufkommt, dass ungerecht gehandelt wird (vgl. ausführlich die Fallstudien 7-10 im Buch).

Wie ist demgegenüber die Realität an den meisten Arbeitsplätzen in Deutschland?

Nach unserer Überzeugung haben häufig weder die Beurteilungs-, noch die Controlling-Systeme eine adäquate inhaltliche Qualität und/oder sind nicht sorgfältig genug durch ausgleichende Führungsmaßnahmen begleitet. Ursächlich hierfür ist meist die Fleißarbeit der Controlling-Bereiche, die von Vorgesetzten nicht ausreichend fachkundig reflektiert bzw. gesteuert wird. Die umfangreichen internen Planungs- und Budgetierungsprozesse, die immer noch in vielen Konzernen existieren, dürften nach unserer Einschätzung am häufigsten eine negative Nutzen-Kosten-Relation haben.

Trotzdem sollten die verantwortlichen Führungsebenen möglichst kontinuierlich einen (realistischen) Überblick haben über die Stärken, Schwächen, Chancen, Risiken der verschiedenen Bereiche. Intelligente Mehrjahresvergleiche auf Ist-Basis – verbunden mit differenzierten Erläuterungen zur realistischen Dokumentation der wichtigsten Entwicklungen im Sinne eines ganzheitlichen Berichtswesens (sowohl strategisch wie operativ ausgerichtet) dürften einer Organisation langfristig am meisten helfen.