Grundsatz einer glaubwürdigen Führungskultur
Von Dr. Christian Marettek
Definition Führungskultur
Führungskultur ist Teil der Unternehmens-, Betriebs- oder Verwaltungskultur und umfasst die Gesamtheit der dominierenden Verhaltensmuster – also die Frage des WIE – Wie wird im jeweiligen Unternehmen bzw. in einer Abteilung geführt? (Vgl. Marettek 2013, Wirksames Management für öffentliche Einrichtungen, S. 100ff.)
- Schedler/Proeller 2006, New Public Management, 3. Auflage, S. 267, definieren Verwaltungskultur „vereinfachend als die Gesamtheit des Gelebten in der Verwaltung […] als Informelles, Tatsächliches und Erlebtes im Umgang der Mitarbeitenden untereinander und mit ihren Ansprechpartnern außerhalb der Verwaltung.“
- Bauer/Dearing 2011, Public Management und Governance: Globale Konzepte im nationalen Kontext, in: Gutes Regieren, S. 27–72 (S. 38). ergänzen, dass es sich um für diese Verwaltung charakteristischen Haltungen, Einstellungen, Gebräuche von Führungskräften sowie MitarbeiterInnen handelt, die faktisch durch bestimmte vorherrschende Werte geprägt werden. Diese (formell vereinbarten oder informell entstandenen) Werte sind die Grundlagen für das Verhalten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer Organisation und prägen damit die Verwaltungskultur, die auch als Ethik einer Verwaltungsorganisation bezeichnet werden kann (ebenda S. 38).
Es geht dabei also um Fragen wie
- Welche Einstellungen über Leistungsbereitschaft, Ehrlichkeit, Integrität dominieren in den Teams bzw. in den Köpfen der Belegschaft?
- Welche Erwartungshaltungen prägen die Belegschaft zu Gerechtigkeitsfragen?
- Welche Einstellungen über die zu leistende Führungsarbeit bestimmen die Führungskräfte auf den verschiedenen Managementebenen oder Abteilungen?
Beitrag der Führungskräfte zur Weiterentwicklung der Führungskultur
Auch wenn es nicht alle Führungskräfte wissen: Alles was und wie sie es tun, wird von den MitarbeiterInnen beobachtet. Und all zu oft wächst aus derartigen Beobachtungen eine Einstellung wie: „wenn die Führungskraft so handelt, dann brauche ich es auch nicht so eng sehen…“
Daher gilt im Umkehrschluss: jede Führungskraft kann auch systematisch an der Führungskultur mit arbeiten!
Daher ist jede Führungskraft dazu eingeladen, z.B. hinsichtlich folgender Werte Maßstäbe zu setzen:
- konsequent leistungsorientierte Führungskultur (keine Besserbehandlung für „Freunde“ bzw. „Seilschaften“
- beziehungsorientierte Wertschätzung jedes Kollegen
- hohe Wertschätzung von Ehrlichkeit und Vertrauen
- Integrität und Glaubwürdigkeit: die Führungskraft sollte das vorbildlich tun, was sie von anderen fordert.
Destruktive Impulse oder Extravaganzen des Vorstandes können z.B. die Einsatzbereitschaft großer Personenkreise belasten. Auch die einfachen MitarbeiterInnen haben ein hohes Gespür für Defizite in der Glaubwürdigkeit von Vorständen. Dies beruht auch darauf, dass jede/jeder sich mit „ihrer“ bzw. „seiner“ Organisation identifizieren möchte. Neben der Identifikation ist aber natürlich auch der Sicherheitsaspekt wichtig: Durch Verlässlichkeit und Integrität der Führungskraft kann Vertrauen wachsen!
„Mitarbeiter brauchen als Orientierung für das eigene Handeln einen berechenbaren Vorgesetzten. Dieser sollte deshalb hinter dem, was er sagt, stehen und dies gegenüber dem Team und nach außen vertreten. Darauf wollen sich die Mitarbeiter verlassen können. Nur so schaffen Sie Sicherheit und Vertrauen. Eine Voraussetzung für Berechenbarkeit sind Verlässlichkeit und Integrität.“ Hofbauer/Kauer 2008, Einstieg in die Führungsrolle, S. 28.
Daher ist es so wichtig, dass sowohl die nahen Führungskräfte (insbesondere Teamleiter und dessen Chef) als auch die entfernten Führungskräfte (z.B. Vorstände) eindeutig und glaubwürdig die Werte der Gemeinschaft vertreten: das von den MitarbeiterInnen Geforderte muss von den Führungskräften selbst erbracht werden; hierzu wird übereinstimmend an Bescheidenheit und Realitätssinn der Führungskräfte appelliert.
Eine positive Führungskultur kann insbesondere dann angenommen werden, wenn die Geführten darauf vertrauen können (und es auch immer wieder feststellen), dass
- die Führungskräfte nachvollziehbar für Gerechtigkeit sorgen (!)
- die Geführten spüren, dass die Vorgesetzten mit allen ihren Handlungen nur das Beste für die Gemeinschaft wollen.
Auf Basis historisch-vergleichender Studien haben Jim Collins und Morten T. Hansen 2012, Oben Bleiben. Immer., S. 257, folgende Verhaltensweisen besonders erfolgreicher Manager empirisch ermittelt (die nachweislich 10fach erfolgreicher waren als der jeweilige Marktindex) und die durchweg eine besondere Unternehmenskultur prägten:
- Igel-Prinzip: Was ist unsere wahre Passion? Worin können wir die Besten werden? Was ist unser wirtschaftlicher Motor?
- „SMaC-Rezept“ (zur Absicherung gegen Risiken): Fanatische Disziplin. Empirische Kreativität. Produktive Paranoia.
- „Schwungradeffekt“: Erfolge spornen die Mitarbeiter an, die zusammenhalten und immer wieder von Neuem das stärkenorientierte Igel-Prinzip umsetzen, so dass ein begrenztes, aber gleichmäßiges und selbstbestimmtes Wachstum entsteht (selbst wenn die übrigen Marktteilnehmer durch Krisen gehen)!
„All unsere 10X-Unternehmen schufen sektenartige Firmenkulturen, wo die richtigen Leute aufblühen und die falschen Leute gleichermaßen schnell von selbst verschwinden“ (ebenda S. 256).