Grundsatz der Bildung von überdurchschnittlich motivierten Teams
Von Dr. Christian Marettek
Am Ende sollten wirklich starke Teams entstehen, die überdurchschnittlich gut zusammenarbeiten.
Die Leistungsfähigkeit eines Teams ist dann am höchsten, wenn das Team wie eine Einheit auftritt – vergleichbar mit einer erfolgreichen Fußballmannschaft: jeder macht das, was er am besten kann, jeder kämpft für den anderen, gemeinsam wird geerntet (und entsprechend gefeiert) und alle identifizieren sich positiv mit der Mannschaftsleistung.
Zu den Erfolgsgeheimnissen überdurchschnittlich guter Teams gehört auch, dass das ganze Team darauf achtet, dass sich niemand überanstrengt und jedes Mitglied in Krisen- und Krankheitszeiten freundschaftlich vom Kollektiv getragen wird.
Vgl. hierzu Mintzberg 2010, Managen, S. 95 und 368 (unter Rückgriff auf Kraut/Pedigo/McKenna 2005, The Role of the Manager, Academy of Management Executive 4/2005, S. 122–129; Sprenger 2008, Gut aufgestellt, Fußballstrategien für Manager, S. 52; Voelpel/Lanwehr 2009, Management für die Champions League, Was wir vom Fußball lernen können, S. 16, wo gezeigt wird, wie Klinsmann 2006 eine systematische Kombination von transaktionaler und transformationaler Führung anstrebte.
Zur Erläuterung: Transaktionale Führung orientiert sich am Grundgedanken „Geld für Leistung“, während bei der transformationalen Führung die Kollegen auch intellektuell und emotional bzw. beziehungsorientiert angesprochen werden müssen.
Wann ist ein Team überdurchschnittlich gut?
Erfahrungsgemäß gelingt dies vor allem dann, wenn alle drei organisationsorientierten Führungsgrundsätze überdurchschnittlich erfüllt sind:
- jede(r) macht das, was sie/er vom individuellen Kompetenzprofil her am Besten kann (Grundsatz der Stärkennutzung); vielleicht haben zwei der Leistungsträger sogar solche herausragenden Stärken, dass sie an der Universität Jahrgangsbeste in ihren Fächern waren; ein Großteil der Kollegen spürt vielleicht, dass sie sich durch die Arbeitssituation „richtig entfalten“ können und von Jahr zu Jahr besser werden (Gedanke des Empowerments)
- alle Kollegen in überdurchschnittlich leistungsfähigen Teams integriert sind, die auch gerne zusammenarbeiten (Grundsatz der Teambildung) und
- jede(r) fühlt sich insgesamt vom Arbeitgeber bzw. den Führungskräften gerecht behandelt (Positive Führungskultur).
„Kompetenzprofil“ meint ganzheitlich das Zusammenspiel aus allen sozialen, fachlichen, kognitiven und emotionalen Fähigkeiten, einschließlich der Leistungsbereitschaft selbst – also alle Fähigkeiten, die die Persönlichkeit eines Menschen ausmachen – egal, wann und wie die Fähigkeiten erworben wurden.
Von den jüngsten Veröffentlichungen vgl. insbesondere: de Hoop 2014, Spitzenteams der Zukunft, So spielen Virtuosen zusammen.
Teambildung auf allen Ebenen
Der Grundsatz, nach Möglichkeit überdurchschnittliche Teams zu bilden, gilt wirklich auf allen Ebenen – auf Ebene des Vorstandes einer AG inklusive deren Stabstellen und Sekretariaten, genauso auf der Ebene eines Vorstandsmitglieds mit dessen (Haupt-)Abteilungsleitern – bis hin zu jedem Abteilungsleiter wie Robert, der genauso mit seinen Teamleitern ein primäres Team bildet wie jeder der Teamleiter mit dessen Teammembers. Hier dazu eine graphische Darstellung:
Wirksame Strategiebildung geschieht hauptsächlich durch geeignete Neueinstellungen! Dabei kommt es wirklich darauf an, die besten Fachvertreter für die jeweilige Aufgabe zu finden und dann bestmöglich an die Organisation zu binden. Noch vor Ablauf der Probephase (bei der Einstellung) sollte es gelingen, mit dem Neuzugang einen informellen beidseitigen Kontrakt abzuschießen, den man im Idealfall folgendermaßen zusammenfassen kann:Der Neuzugang gibt wirklich in allen Bereichen sein Bestes und bleibt auch mindestens für etwa 3 bis 5 Jahre (damit sich die häufig aufwändige Einarbeit auch lohnt). Im Gegenzug investiert sich mindestens eine Führungskraft so leidenschaftlich mit seinem ganzen Knowhow in den Neuzugang, dass er optimale Lern- und Integrationsfortschritte macht. Zu den Erfolgsgeheimnissen überdurchschnittlich guter Teams gehört auch, dass das ganze Team darauf achtet, dass sich niemand überanstrengt und jedes Mitglied in Krisen- und Krankheitszeiten freundschaftlich vom Kollektiv getragen wird.
Vgl. ähnlich Kevin Leman und William Pentak 2005, Das Hirtenprinzip, 7 Erfolgsrezepte guter Menschenführung, S. 153f.:
- Kenne immer den genauen Zustand deiner Herde (genauso sorgfältig wie den Zustand der Arbeit).
- Entdecke das Format deiner Schafe (Stärken, Herz, Einstellung, Charakter, Erfahrungen).
- Hilf deinen Schafen, sich mit dir zu identifizieren (Vertrauen; aber hohe Leistungsstandards; selbst authentisch, integer und einfühlsam sein)
- Gewährleiste die Sicherheit deines Weideplatzes.
- Dein Stab mit dem du führst (Halte die Herde am Gehen; Überzeugen; Grenzen setzen).
- Stecken, mit dem du korrigierst.
- Herz des Hirten (gute Führung = Lebensstil; habe ein Herz für die Herde).
„Miteinander ernten“ durch überragende Teamarbeit (vgl. Kalverkamp 2009, Miteinander ernten, Das Geheimnis des German Managements, S. 46ff und 177ff.)
Als Leitbild für Teamarbeit wird das m. E. authentische Fazit von Klemens Kalverkamp ausgewählt – Kalverkamp war Geschäftsführer eines mittelständigen Weltmarktführers, der im Buch „Miteinander ernten“ versucht, das Erfolgsgeheimnis der zahlreichen „Hidden Champions“ im deutschen Mittelstand zu erklären:
Einen Großteil des Erfolgs führt er dabei auf das Miteinander der produktbezogen arbeitenden Teams aus leidenschaftlich engagierten Produktionsexperten mit ebenso engagierten Vertriebsleuten zurück, die auf flachen Hierarchieebenen wirkungsvoll und vor allem gerne zusammen arbeiten (und dann auch zusammen ernten können). Kalverkamp betont insbesondere die Wichtigkeit, dass die Teammitglieder auf Dauer hochmotiviert zusammenarbeiten – in einer Gemeinschaft, die von den Mitgliedern als positiv erlebt wird (häufig über das gesamte Berufsleben hinweg, vgl. ebenda S. 177ff.)
Um derart motivierende Gemeinschaften zu schaffen bzw. aufrecht zu erhalten, müssen die Führungskräfte gemäß Kalverkamp sich vor allem um die gelingende Kommunikation in den Teams kümmern; interessanterweise sollte sich die jeweilige Führungskraft nach Kalverkamp auch um das Ausräumen von Missverständnissen unter den MitarbeiterInnen verantwortlich fühlen – Missverständnisse, die bisweilen Ärger und Frustrationen verursachen und damit ein konstruktives Miteinander verhindern können (vgl. ebenda S. 194f.; ebenso Mintzberg 2010, Managen S. 94).
Kalverkamp (vgl. ebenda S. 196) fordert von jeder Führungskraft, dass sie die folgenden Werte vorlebt:
- leidenschaftliches Engagement „um der Sache willen“ (hier: die besten Landmaschinen bauen zu wollen)
- offene und ehrliche Kommunikation
- freundlicher Umgang miteinander und
- „persönlich sauber bleiben“, also persönliche Integrität, um dadurch zu Vorbildern für ihre Teams werden zu können.
„Vorbild für die Mitarbeiter sind die Führungskräfte. Ihr Ziel, nämlich ehrlich zu sein und zu handeln, egal mit wem sie es zu tun haben, schafft mittel- und langfristig Beziehungen, die auf Vertrauen basieren. Nur wer das Vertrauen seiner Mitarbeiter und Kunden besitzt, und wer selbst seinen Leuten vertraut kann auch gemeinsam mit ihnen die Ernte einfahren“ (Kalverkamp ebenda S. 196).
Vgl. hierzu auch die Bücher des deutschen Managementprofessors Hermann Simon (u. a. Universität Mainz), der sich insbesondere um die Überwindung der Anwendungslücke zwischen technischer Forschung und gewerblichem Erfolg bemüht: Vgl. Simon 2007, Hidden Champions des 21. Jahrhunderts, Die Erfolgsstrategien unbekannter Weltmarktführer; Simon 2012,
Deutschlands Stärke hat 13 Gründe, in: FAZ vom 15.10.2012, S. 14.
Neuer Abteilungsleiter mit problematischen Teams
Für die Teamsituation werden die Kernaufgaben der Führung von verschiedenen Verfassern systematisiert. Vgl. Saller/Sattler/MacKenzie 2014, Führen live,S. 23, schlagen hierfür ein sog. Führungscockpit vor: Entwicklung, Steuerung, Delation, Motivation. Ähnliche Modelle existieren auch bei
In dem Abschnitt „Konfliktgeladene Teams in die Zukunft führen“ (Saller/Sattler/MacKenzie 2014, Führen live,S. S. 31ff) wird eine ausführliche Fallstudie dargestellt. Hier geht es um die Situation eines neuen Abteilungsleiters mit 15 Mitarbeitern in zwei Teams, die infolge der Probleme im TUI-Konzernumbau dem neuen Abteilungsleiter mit erheblichen Emotionen, Aggressionen und Frustrationen begegneten.
Hintergrund: Der Konzernumbau hatte bei vielen Kollegen stark veränderte Arbeitsprozesse ergeben (vgl. ebenda S. 37). Zunächst hat er versucht, die Rollen und Aufgaben der beiden Teams durch differenzierte Zielvorgaben und Einzelgespräche zu schärfen. Nach internen Beratungen, auch mit der HR-Abteilung, wurden für jedes Team Teamworkshops – unter Einschaltung eines externen Moderators – durchgeführt und durch ergänzende Einzelgespräche des Abteilungsleiters vertieft (vgl. ebenda S. 38). Im Sinne einer systematischen Teambildung wurden gemeinsam festgelegt:
- verschiedene Aspekte der Kulturarbeit: die Regeln zur Art der Zusammenarbeit, Kommunikation, Arbeitshaltung und den Rollen und Verantwortlichkeiten (das „Wie“ der Zusammenarbeit, ebenda S. 38)
- Ergebnisarbeit: Zielvorgaben des Abteilungsleiters, dessen Erwartungen an Abläufe und Ergebnisse und Klärung von Schnittstellen und Expertenrollen (vgl. ebenda S. 39).
Vom Leistungstief zum Leistungshoch
Wie Sie Ihr Team wieder zur Bestform führen, wenn sogenannte „Low-Performer“ die Produktivität oder den Zusammenhalt im Team gefährden, beschreiben Johanna und Martin Fischer in ihrem Buch „Vom Leistungstief zum Leistungshoch“:
„Nur ein veränderte Beziehungsebene hat die Kraft, das Zugehörigkeitsgefühl auf Dauer zu stärken.“ (Fischer 2016, Vom Leistungstief zum Leistungshoch, S. 55)
Um eine veränderte Beziehungsebene zu erreichen, wird die Vergebung als unumgängliche Grundsatzentscheidung empfohlen.
„Vergebung ist kein Schnickschnack, sondern eine „effektive“ Methode für eine Beziehungsbasis, die Leistung aktiviert!“ (ebenda S. 79)
Um sich darauf richtig einzustellen, wird eine Schritt-für-Schritt Anleitung angeboten. Damit die Authentizität der Führungskraft gewährleistet sein kann, beginnt die Vergebung immer bei der Führungskraft selbst.
Schritt 1: Die eigene Verletzung anerkennen
Schritt 2: Die Anklage fallen lassen
Schritt 3: Ihren Mitarbeiter aus seiner Position verstehen
Schritt 4: Den eigenen Anteil erkennen
Schritt 5: Die Beziehung wiederherstellen
(Vgl. Fischer 2016, Vom Leistungstief zum Leistungshoch, Wie Sie Low-Performer in Ihrem Team wieder zur Bestform führen, S. 80)